Donnerstag, 29. März 2007

Satzlehre

Zwei Kids sitzen bei mir in der Küche und machen Hausaufgaben. Es herrscht konzentrierte Stille. Ich lese Zeitung.

"Hä?" ruft Lukas, "was sind den das für komische Kinder?"
"Wieso?" fragt Hanna.
"Hier!" sagt Lukas und liest vor: "Unvorsichtige Kinder beißen häufig Hunde."

Die beiden lachen und versinken in nachdenkliches Schweigen.

"Vorsichtige Kinder beißen Bananen", sinniert Hanna, den Faden fortspinnend.
"Komiche Bananen", sagt Lukas, "bissig, ts."

Montag, 5. März 2007

Pflegebedürftig

Pflegebedürftig

Oma Schletzmann sitzt in ihrem neuen Rollstuhl in der Küche und ist ein bisschen stolz: Darauf, dass sie nun in diesem glitzernden Gefährt von anderen geschoben wird - wann hat sich je so viel Mühe mit ihr gemacht? Und auch darauf, dass der MDK heute sie persönlich besucht hat. "Netter Junge, der Herr Doktor vom MDK", sagt Oma Schletzmann zufrieden und tut sich einen weiteren Löffel Zucker in den Kaffee.

"Pflegestufe zwei! Das ist auch das Mindeste!" sagt ihre Schwiegertochter erleichtert. "Die Angina Pectoris ist so schlimm geworden, und die offenen Beine! Und der Rücken ist ganz kaputt. Sie kann kaum aufstehen, und ohne Korsett geht's ja schon seit zehn Jahren nicht mehr. Aber die Pflegestufe hat sie hauptsächlich wegen der Demenz bekommen: Weil sie gesagt hat, sie will heute Nachmittag im Nachbardorf bei Gerti mit der neuen Hacke den Vorgarten machen."

Ich bin auch erleichtert. Die Schwiegertochter hat viel zu tun. Gut, wenn durch die Pflegestufe wenigstens die knappe Haushaltskasse etwas unterstützt wird.

Nachmittags traue ich meinen Augen nicht.
Am Fenster schiebt Oma Schletzmann ihr Fahrrad vorbei, zu Fuß, schwer auf Lenkrad und Sattel gestützt. Ich öffne das Fenster und rufe:

"Oma Schletzmann, was hast du vor?"

"Laufen kann ich nich mehr, aber mit Fahrrad geht's! Oder mit Hacke zum Aufstützen!" ruft sie fröhlich zurück.

Sie schleppt sich den Feldweg ein Stück bergauf, ich wende die Schnitzel. Wie ich wieder aufschaue, kommt Oma Schletzmann auf dem Fahrrad den Berg herabgerollt, in gefählichen Schlangenlinen, die Hacke quer auf dem Gepäckträger. Schon rollt sie an meinem Haus vorbei, mittlerweile ganz gut im Gleichgewicht. Sie biegt ab Richtung Nachbardorf. Zu Gertis Garten vermutlich. Ein bisschen früh im Jahr.
5.3.07 16:31 verlinken / kommentieren

Freitag, 19. Januar 2007

Heinemann in allen Gemütslagen

"Es gibt wohl nichts öderes und sinnloseres als Briefmarken zu sammeln", werfe ich in das Gespräch der zwei Handwerker ein.

Die beiden isolieren heute meinen Dachboden. Und jetzt sitzen sie für eine Tasse Kaffee bei mir in der Küche.

"Ach ja?" entgegnet der eine, "dabei hast du selbst mal Briefmarken gesammelt!"

"Ich? Nie!"

"Wetten?"

Die Wette gilt.

Der Kerl springt vom Tisch auf, lässt seinen heißen Kaffee stehen, eilt die Treppen hinauf auf den Dachboden, und schon ist er wieder da. Er hält mir ein grünliches, sparkiges Buch unter die Nase. Die Buchdeckel wellen sich.

Sein Blick ist ebenso triumphierend wie meiner verständnislos.

Es ist ein Briefmarkenalbum. Auf der ersten Seite steht in krakeliger Kinderschrift "zum tauschen". Briefmarken sind dort aufgereiht, das ganze kleine Album ist voll. Auf der letzten Seite steht: "Fon dieser Seite nichts nehmen tauschen ferboten".

Ok, ich habe die Wette verloren, ein Kasten Bier für die Handwerker. An DIESE kostbaren Seltenheiten auf der letzten Seite erinnere ich mich! Das sind tatsächlich meine Briefmarken.

Briefmarken

Und diese vier sind seltener als die Blaue Mauritius!

Sonntag, 14. Januar 2007

Sonne?

Während der letzten zehn Novemberwochen gab es nur einen Sonnentag. Der war am zweiten Weihnachtstag. Alle Welt war auf den Beinen, um unter blauem Himmel den Weihnachtsspaziergang zu machen. Die Kinder der Bauern waren aus den Großstädten gekommen, wo sie arbeiten und studieren und gingen bereitwillig mit ihren Eltern um die Felder, alle im Sonntagsmantel. Man traf sich und stand in Grüppchen zusammen.

"Und das ist unser Holger. Er ist aus Göttingen gekommen und studiert Ingenieur."

"Ach der Holger, bist du aber groß geworden, Jung!"

"Tja... hallo", windet sich Holger, der Ingenieur, und weiß nicht recht, was er sagen soll, wie es jetzt so still wird und alle Augen ihn erwartungsvoll anschauen.

"Tja", wiederholt er unschlüssig und schaut in den blauen Himmel.

Das Schweigen reißt nicht ab.

"Tja", sagt Holger, der Ingenieur, weil er merkt, dass alle etwas von ihm zu erwarten scheinen, "wisst ihr, wie hoch die Sonne jetzt maximal kommt?"

Nein, das weiß niemand.

"Vierzehn Grad! Hättet ihr das gedacht?"

Bauer Eckbrink schaut stolz auf seinen klugen Sohn und seine Frau strahlt.

Kartoffel-Meyer reißt die Augen auf und ist tief beeindruckt: "Ach! Sach bloß? Vierzehn Grad! Ich hab' gedacht es ist viel kälter! Siehst du, Gerda, hätt' ich doch den Wintermantel zu Hause lassen können!"

Sonntag, 5. November 2006

Deutsch im Dorf

Sonntags morgens gibt's Brötchen und Bildzeitung im Dorfladen, und dort sind alle, die nicht in der Kirche sind, zum allsonntagmorgendlichen Klöhnschnack versammelt. Ich höre gar nicht hin, wenn ich schnell meine Brötchen heraushole, aber ein paar Brocken hängen sich doch im Ohr fest während der Minute, in der ich meine Brötchen bezahle:

"Und eitel sind se! Wenn ich meinen Kleinen die Jiinshose flicken tu, denn will er se nich mehr anziehn."

Generverter Einwurf vom "Kleinen" namens Jörg: "Das heißt Dschiens, Mama! Dsch!"

"Ach, du weißt doch, dass ich mit die französischen Buchstaben nich klarkomm, Dschörch!"

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