Sonntag, 1. Oktober 2006

Und dann (3)

Wir also alle um zehn ins Bett, schön geschlafen, und um eins wach' ich auf, weil Bonzo bellt. Verdammt, denk' ich, wer hat denn den Hund rausgelassen, und renne im Nachthemd auf die Straße. Da steht Ingelore aus dem Nachbardorf und hat gar keine Angst, obwohl Bonzo doch so ein Riesenkalb ist und sich wie wild gebärdet hat.

Du kennst doch Ingelore aus dem Nachbardorf, die in dem halbverfallenen Haus wohnt und selbst halb verfallen ist vom Alk? Ihr Mann ist Maler, aber der ist auch fertig vom Saufen. Da steht sie also nachts um eins vor meinem Haus, und hat so'n riesen Gemälde auf der Schulter, so ein mal ein Meter ungefähr und fragt mich: Kann ich mal telefonieren? Ich muss ma'n Taxi anrufen. Ich muss noch ein Dorf weiter, um das Bild abzuliefern.

"Ach Mensch", sag ich, "dann fahr' ich Sie einfach". Da hab' ich noch "Sie" gesagt, ich hatte ja noch nie was mit ihr zu tun gehabt. Ich hatte mein altes, total löcheriges Nachthemd an, hab' mir schnell ein paar Jeans übergezogen, die Lederjacke drüber - und die Pantoffeln hatte ich noch an.

"Wo wollen Sie denn das Bild abliefern um diese Zeit?" frag' ich sie unterwegs, damit wir nicht so nebeneinander im Auto sitzen und gar nichts sagen. "In der Kneipe", meint' sie.

"Die ist doch zu, da ist doch jetzt kein Mensch mehr!"
"Doch, da sind noch welche!" meint' sie, "die spielen noch Karten."

Wir kommen da an, alles dunkel, die Kneipe ist zu.

"Dann fahr' ich Sie eben jetzt nach Hause", hab' ich ihr angeboten, großzügig wie ich bin. Aber nee, nach Hause wollte sie nun gar nicht. Dann wollte sie lieber in die Stadt. Ok, hab' ich sie eben in die Stadt gefahren. Da kam's jetzt auch nicht mehr drauf an. Sie wollte unbedingt in diesen zwielichtigen Nachtclub. Aber erst sind wir noch sämtiche Tankstellen abgeklappert, bis wir eine gefunden hatten, die noch geöffnet hatte. Sie brauchte nämlich noch Tabak. "Soll ich Ihnen etwas Salzgebäck mitbringen?'" hat sie gefragt. Stell dir das mal vor! "Etwas Salzgebäck" hat sie gesagt!

Als wir dann endlich bei ihrem Nachtclub angekommen sind, fragt' sie mich doch, ob ich nicht noch eben mit reinkommen will, wo ich schon mal da bin. Und ich weiß auch nicht, ich bin ausgestiegen. Und da drinnen, da war noch richtig der Bär los. Die kannten Ingelore alle und haben sie alle mit großem Hallo begrüßt und uns gleich was zu trinken gebracht. Auf der Bühne so'ne junge Dame getanzt und Striptease gemacht. Bullig heiß war's, und ich zieh die Lederjacke aus, und da saß ich da in meinem Nachthemd mit den Löchern an der Schulter und am Busen! Ich hab' die Jacke so schnell ich konnte wieder angezogen.

Mensch Ama, da merkte ich erst, wo ich hineingeraten war! Ich saß da in so'nem verruchten Sex-Lokal oder was das ist, im Nachthemd voller Löcher, in Pantoffeln und ohne Unterhose! O Scheiße! Aber die Stimmung war echt gut, wir hatten enorm Spaß!

Um sechs war ich dann endlich wieder zu Hause und bin ins Bett gegangen, und um sieben habt mich meine Verwandtschaft geweckt. Sie können gar nicht verstehen, dass wir alle zusammen früh ins Bett gehen, und wenn wir wieder aufstehen, dann haben sie bloß geschlafen und ich jede Menge erlebt. Ich versteh' das auch nicht.

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