Kartoffel-Ernte-Zeit
Jahraus, jahrein dasselbe Dorfleben, dieselben Dorfleute, dieselbe Ama - Tag für Tag allem gestorben und jeden Morgen die Welt neu sehen und den ersten Tag erleben.
Dem ersten Tag zum Trotz drängt sich ein Bild aus einer anderen Welt in den Augenblick: Eine Kindheitserinnerung. Wir Kinder sitzen in unserer Dorfschule auf unseren Bänken und müssen nach dem gemeinsamen Morgengebet die Hände auf den Tisch legen zur Inspektion. Wer schmutzige Hände hat oder Dreck unter den Fingernägeln, bekommt einen Strich mit dem Rohrstock drauf. Nur die Kinder, die nachmittags bei der Kartoffelernte helfen, dürfen schwarze Fingernägel haben, ohne geschlagen zu werden.
Während ich auf dem Fahrrad zum Dorfladen unterwegs bin, hänge ich diesen Gedanken nach.
Ich betrete den Laden, die Türglocke bimmelt altmodisch. Bald darauf schlurft die Kaufmannsfrau aus dem Lager hinter die Fleischtheke, vor der ich stehe.
"Na, Ama, was darf's denn sein?"
"Fünf Scheiben Salami, fünf Scheiben Mortadella."
Ich schaue zu, wie sie den Aufschnitt mit ihren Wurstfingern anfasst, schneidet und auf das Papier legt. Ich habe mir längst meine Empfindlichkeiten abgewöhnt. - Aber heute sind die Wurstfinger hinter der Wursttheke schwarz! Dicke schwarze Trauerränder unter den Nägeln! Wie bei den Kindern, die früher zur Herbstzeit die Kartoffeln aus der Erde buddeln mussten!
"Stell dir vor, Ama! Die neuen EU-Richtlinien treiben immer neue Blüten", plaudert sie empört drauf los. Sie liebt die Empörung. "Da muss man doch seit neuestem auf dem Kartoffelroder mit SAUBEREN Fingern stehen! Das ist Vorschrift! Hat mir der Bauer Kartoffel-Meyer selbst erzählt heute morgen! Kannst du dir sowas vorstellen?"
Ich bin verblüfft. Wie kommt sie auf DIESES Thema?
`
Befriedigt sieht sie meinen Gesichtsausdruck:
"Ja, Ama, da staunst du, was? Ich sach ja, alles Quatsch mit diese Europopolitik!"
Dem ersten Tag zum Trotz drängt sich ein Bild aus einer anderen Welt in den Augenblick: Eine Kindheitserinnerung. Wir Kinder sitzen in unserer Dorfschule auf unseren Bänken und müssen nach dem gemeinsamen Morgengebet die Hände auf den Tisch legen zur Inspektion. Wer schmutzige Hände hat oder Dreck unter den Fingernägeln, bekommt einen Strich mit dem Rohrstock drauf. Nur die Kinder, die nachmittags bei der Kartoffelernte helfen, dürfen schwarze Fingernägel haben, ohne geschlagen zu werden.
Während ich auf dem Fahrrad zum Dorfladen unterwegs bin, hänge ich diesen Gedanken nach.
Ich betrete den Laden, die Türglocke bimmelt altmodisch. Bald darauf schlurft die Kaufmannsfrau aus dem Lager hinter die Fleischtheke, vor der ich stehe.
"Na, Ama, was darf's denn sein?"
"Fünf Scheiben Salami, fünf Scheiben Mortadella."
Ich schaue zu, wie sie den Aufschnitt mit ihren Wurstfingern anfasst, schneidet und auf das Papier legt. Ich habe mir längst meine Empfindlichkeiten abgewöhnt. - Aber heute sind die Wurstfinger hinter der Wursttheke schwarz! Dicke schwarze Trauerränder unter den Nägeln! Wie bei den Kindern, die früher zur Herbstzeit die Kartoffeln aus der Erde buddeln mussten!
"Stell dir vor, Ama! Die neuen EU-Richtlinien treiben immer neue Blüten", plaudert sie empört drauf los. Sie liebt die Empörung. "Da muss man doch seit neuestem auf dem Kartoffelroder mit SAUBEREN Fingern stehen! Das ist Vorschrift! Hat mir der Bauer Kartoffel-Meyer selbst erzählt heute morgen! Kannst du dir sowas vorstellen?"
Ich bin verblüfft. Wie kommt sie auf DIESES Thema?
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Befriedigt sieht sie meinen Gesichtsausdruck:
"Ja, Ama, da staunst du, was? Ich sach ja, alles Quatsch mit diese Europopolitik!"
ama - 10. Sep, 08:42
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